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Matthias Wegner • 2. Februar 2024
008 - Motivationsmacht

Motivation ist ein entscheidender Faktor in unserem Leben und hat einen erheblichen Einfluss auf unser Handeln, wie bereits im Beitrag "Reaktionsflipper" erklärt wurde. Seit der Antike ging man davon aus, dass unsere Leidenschaft mit einem Verlust an Kontrolle zusammenhängt. Erst Aristoteles [18] sprach von einer Neigung unseres Geistes (= Motivation), begleitet von Gefühlen des Vergnügens oder Unbehagens. Seitdem verstehen wir Motivation als zutiefst ambivalent - sowohl schöpferisch und glückbringend als auch zerstörerisch und unheilvoll. In diesem Beitrag folgen wir den Spuren der Dualistischen Macht unserer Motivation.

Was ist Motivation?

Motivation ist definiert [1] als eine starke Neigung zu einer Aktivität (z. B. Arbeit), die man liebt, die man für wichtig hält, in die man viel Zeit und Energie investiert und die Teil unserer Identität ist. Wer leidenschaftlich gerne Fußball spielt, spielt nicht nur Ball. Er oder sie ist ein Fußballspieler.


Das Modell der dualen Motivation beschreibt zwei Arten zielberichteter Bewegungen, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen:

  • Leidenschaft (harmonische Leidenschaft, HP)
  • Obsession (obsessive Leidenschaft, OP)


Dabei ist Motivation als Erwartungsenergie zu verstehen, die entsteht, wenn wir eine Möglichkeit sehen, unsere Bedürfnisse zu befriedigen. Motivation ist somit eine Erwartungshaltung das sich Glück einstellt. Durch das dualistische Modell der Motivation lässt sich beschreiben, dass bei obsessiven Motiven die Erwartungshaltung durch die eintretende Realität nicht erfüllt wird, während bei leidenschaftlichen Motiven die Erwartungshaltung erfüllt wird [11].

 Deshalb sollt ihr den alten (obessiven) Menschen ablegen, denn er entspricht der früheren Lebensweise. Er wird sich zugrunde richten durch seine trügerischen Begierden. Lasst euch dadurch erneuern, dass Gottes Geist in eurem Verstand wirkt. Und zieht den neuen (leidenschaftlichen) Menschen an wie ein neues Gewand. Denn er ist nach Gottes Bild geschaffen und dadurch fähig zu wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit.

Epheser 4, 22-24

Das psychologisch dualistische Modell der Motivation unterscheidet zwei Seiten unserer geistigen "Macht". Eine helle Seite, die Leidenschaft und die dunkle Seite, die Obsession. 

2. Was ist Leidenschaft?

Die helle Seite der Macht

Leidenschaft entsteht, wenn wir autonome Motive in unsere eigene Identität integrieren [12]. Im Gegensatz zur Obsession führt sie jedoch nicht zu Einschränkungen unseres Sicherheitsbedürfnisses. Wenn wir aus Leidenschaft handeln, verlieren wir keine innere Sicherheit.


Allerdings hat Leidenschaft einen Preis - den Preis des Durchlebens von Schmerz und Verzicht. Wenn wir unserer eigenen Leidenschaft folgen, verzichten wir gegenwärtig auf Lustgefühle und erleben ein gewisses Maß an Leiden, aber dies dient dem Ziel eines größeren Gewinns in der Zukunft. Wenn wir mit einer inneren Leidenschaft handeln, "müssen wir nicht", um Sicherheit zu erlangen oder beizubehalten; wir haben die Freiheit unserer Leidenschaft nachzugehen.


Trotz der Realitätsnähe durch den Weg des Verzichts zum Erreichen des Ziels ist Leidenschaft nichts Negatives. Wenn wir unsere Leidenschaft leben, entwickeln wir keine Sucht danach unseres inneres Sicherheitsbedürfnis zu erfüllen. Wir handeln aus rein uneigennütziger Begeisterung ohne etwas dafür zu erwarten.


Sind wir von Leidenschaft geprägt, nimmt die Aktivität, die wir lieben, einen bedeuteten Platz in unserem Leben ein. Unsere Aktivitäten bleiben aber im Einklang mit anderen Aspekten unseres Lebens. Wenn wir in Leidenschaft leben, sensibilisiert sie uns für Konflikte zwischen eigener Leidenschaft und anderen Lebensbereichen. Diese Konfliktfreiheit ermöglicht uns viele positive Erlebnisse. Dann erleben wir einen Flow- und Resonanz-Zustand, der uns die eigene Selbstwirksamkeit bestätigt. Wenn wir in Leidenschaft agieren können wir selbst entscheiden wann wir uns an etwas beteiligen und wann nicht.

Leidenschaftliches Verhalten ist beobachtbar, weil ...

  • moralische Grundsätze eingehalten werden
  • die Tätigkeit einem Anderem und einem Selbst (körperlich, psychisch, sozial) dient 
  • sie im Freien Willen getan wird

Eigenschaften (der Hin Zu Motivation) sind ...

  • Zielgerichtet: Bietet ein klares Gefühl für Richtung und Zweck
  • Konsequent: Die Motivation wird tendenziell stärker, je näher man dem Ziel kommt
  • Positiv: Konzentriert sich auf das was man erreichen möchte, verbunden mit psychologischem Wohlbefinden [3] und allgemeiner Gesundheit [9]
  • Stressreduziert: Im Allgemeinen mit geringem Stressniveau verbunden
  • Beziehungsorientiert: Fokus auf qualitativ hochwertige Beziehungen
  • Flow: Im „Flow-Zustand“ vertiefen wir uns aus Vergnügen in einer Aufgabe. Dann lassen wir uns auf das Verhalten selbst ein, während unser Selbstbewusstsein verloren geht, wodurch unser Ego oder mögliche Ergebnisse nicht von Bedeutung sind.
  • Adaptiv: steigert situative Anpassungsfähigkeit


Bei leidenschaftliches Verhalten ist der Energiegewinn höher, wie die Aufwandskosten.

3. Was ist Obsession?

Die dunkle Seite der Macht

Obsession beinhaltet ein gewisses Maß an Abhängigkeit und suchtartigen Motive. Sie tritt auf, wenn unsere Beweggründe von unserem Ego internalisiert wurden, um in irgendeiner Form Sicherheit oder Ausdehnung zu erlangen. Man könnte auch sagen, dass die Besessenheit eine innere Gier ist - ein Verlangen nach mehr Besitztümern, Sicherheit, Wissen, Anerkennung, Karriere und Geld.


Bei einer Obsession sind wir Gefangene unserer eigenen Motive. Der Begriff "Obsession" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie "beansprucht", "besetzt" oder "belagert".


In Momenten obsessiven Verhaltens mag es vielleicht kurzfristig Genugtuung geben, aber langfristig führt dies zu einem Verlust. Wenn uns die Besessenheit prägt, werden wir von der Aktivität verfolgt und sie treibt uns unermüdlich an.


Dabei fehlt uns das Gespür für Balance zwischen dieser Fixierung und anderen Lebensbereichen. Wir verlieren das Gefühl für Selbstkontrolle. Es mangelt uns am Bewusstsein dafür, schädliche Aktivitäten einzustellen – sei es beispielhaft bei Schuldgefühlen, Burnout oder Schamgefühlen. In diesem Zustand empfinden wir einen zwanghaften Drang zur Kompensation, welche unser Handeln vollkommen bestimmt. Wir verspüren einen unaufhaltsamen Drang dazu, uns der geliebten Tätigkeit hinzugeben.

Vorsicht du wallten lassen musst, wenn in die Zukunft du blickst. Die Furcht vor Verlust ein Pfad zur Dunklen Seite ist.

Yoda

Obsessives Verhalten ist beobachtbar, weil ...

  • es gegen moralische oder ethische Grundsätze/Regeln verstößt
  • es ein Maß an Fremd- oder Selbstschädigung (körperlich, psychisch, sozial) bewirkt und/oder
  • ein Maß an Unfreiheit aufweist, d.h. wir können es nicht einfach verändern oder darauf verzichten.

Eigenschaften (der Weg Von Motivation) sind ...

  • Ungerichtet: Es fehlt eine konkrete Richtung, der Fokus liegt nur darauf, sich vom Negativen zu entfernen
  • Inkonsistent: Die Motivation nimmt tendenziell ab, wenn wir uns vom negativen Reiz entfernen
  • Negativer Fokus: Lenkt die Aufmerksamkeit auf unangenehme Aspekte oder mögliche Fehler1
  • Stressintensiv: Oft mit höherem Stress- und Angstniveau verbunden
  • Defokussierend: Vernachlässigung anderer wichtiger Aktivitäten
  • Energieraubend: Öfter geprägt vom Empfinden zwischenmenschlicher Konflikte und negative Emotionen bei Ausübung, was zu Burnout, Depression führen kann [8]
  • Bindend: Merkmale von Grübeln und Overthinking


Bei obsessivem Verhalten sind die Aufwandskosten größer als der Energiegewinn.


4. Exkurs: Welche Analogie hat Star Wars zur dualen Motivation?

Das zweigleisige Anreizmodell des Psychologen Vallerand [1] weist viele Ähnlichkeiten mit der Macht der Star Wars Saga auf, wodurch diese Filme als ausgezeichneter Spiegel zur Reflexion unserer eigenen Motivation dienen. In Star Wars ist die Macht eine komplexe Energie, die alles Lebendige durchdringt. Die Macht repräsentiert jene Seite der Kraft, die in allen Lebewesen existiert und uns als "Macht"-sensible Menschen befähigt, unsere Umgebung präzise zu spüren und sogar Gedanken und Gefühle wahrzunehmen. Dabei hat die Macht sowohl eine helle als auch eine dunkle Seite, welche beide als gegensätzliche Kräfte fungieren.


Die helle Seite wird vor allem von den Jedi angewendet und steht für Selbstlosigkeit. Als Werkzeuge der Macht nutzen die Jedi die helle Seite dazu, um zu helfen, Frieden zu schaffen und Heilung herbeizuführen.


Im Gegensatz dazu schöpft die dunkle Seite ihre Stärke aus Schmerz, Zorn und Hass. Sie übt eine enorme Verführungskraft aus indem sie große Machtfülle verspricht; letztendlich jedoch führt sie zur Zerstörung und zum Tod.Die Sith sind besonders berühmte Anhänger der dunklen Seite - ständige Widersacher der Jedi.


Zum Selbststudium sei deshalb die Reihe der Star Wars Filme genannt:

  • Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung (1999)
  • Star Wars: Episode II – Angriff der Klonkrieger (2002)
  • Star Wars: Episode III – Die Rache der Sith (2005)
  • Solo: A Star Wars Story (2018)
  • Rogue One: A Star Wars Story (2016)
  • Star Wars: Episode IV – Eine neue Hoffnung (1977)
  • Star Wars: Episode V – Das Imperium schlägt zurück (1980)
  • Star Wars: Episode VI – Die Rückkehr der Jedi-Ritter (1983)
  • Star Wars: Das Erwachen der Macht (2015)
  • Star Wars: Die letzten Jedi (2017)
  • Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers (2019)

5. Wie kann Leidenschaft gestärkt werden?

Gemäß der Selbstbestimmungstheorie [2] sind drei Bedürfnisse entscheidend, die durch jede unserer Aktivitäten oder Handlungen erfüllt werden sollten:

  • Autonomie: Dieses Bedürfnis beinhaltet das Gefühl von Freiheit, eigene Entscheidungen treffen zu können und den eigenen Interessen nachzugehen.
  • Kompetenz: Dieses Bedürfnis umfasst das Gefühl, effektiv mit seiner Umwelt umgehen zu können.
  • Verbundenheit: Dieses Bedürfnis befriedigt das Verlangen nach erfüllenden Beziehungen zu anderen Menschen.


Um diese drei Bedürfnisse zu erfüllen, braucht es üblicherweise drei Phasen. Diese drei Phasen sind:

  • Aktivitätenauswahl: Bei der Auswahl von möglichen Aktivitäten wählen wir diese nach unseren persönlichen Vorlieben und Interessen aus.
  • Wertermittlung: Der Wert unserer ausgewählten Aktion wird anhand des Maßes bestimmt, in dem sie unsere individuellen Bedürfnisse befriedigt.
  • Internalisierung: Die Art und Weise wie eine Aktivität internalisiert wird, beeinflusst unsere vorherrschende Motivation:
  • Autonome Internalisierung: Wenn wir uns frei fühlen, jederzeit an Aktivitäten teilnehmen zu können ohne Einschränkungen oder Vorgaben, dann entwickeln wir Leidenschaft für diese Tätigkeit.
  • Kontrollierte Internalisierung: Hier fühlen wir uns unter Druck gesetzt oder verbinden unser Selbstwertgefühl oder soziale Akzeptanz mit der Teilnahme an bestimmten Aktivitäten.


Die Fähigkeit zur Erfüllung unserer Grundbedürfnisse hängt weitgehend von unserem sozialen Umfeld ab. Soziale Kontexte bieten Nährstoffe für ein autonomes Handeln sowie ein Gefühl von Kompetenz und Verbundenheit mit anderen. Leidenschaftliche Aktivitäten haben das Potenzial, diese grundlegenden psychologischen Bedürfnisse zu befriedigen [5].


Wenn wir eine leidenschaftliche Tätigkeit frei ausüben, vermittelt sie uns ein Gefühl von Autonomie, da sie unsere individuelle Identität widerspiegelt. Zudem erwerben wir als passionierte Menschen durch regelmäßige Ausübung unserer Aktivitäten zusätzliche Fähigkeiten und entwickeln ein Gefühl der Kompetenz [6]. Durch das Teilen solcher Aktivitäten besteht die Möglichkeit zur Freundschaftsbildung und einer positiven Verbindung zu anderen Menschen.


Verschiedene Studien haben gezeigt, dass unsere wahrgenommene Unterstützung für Autonomie die Leidenschaft stärkt und die Obsession reduziert [7]. Diese Autonomieunterstützung ist nicht nur in der Anfangsphase der Entwicklung von Leidenschaft wichtig, sondern auch Jahre nach Beginn des aktiven Engagements.


Werden unsere Bedürfnisse der Selbstbestimmung nicht befriedigt innerhalb der Aktivität, scheint unsere Leidenschaft nicht gestärkt zu werden, sondern die Obsession, weil diese mit anderen Aktivitäten versucht, die nicht erfüllten Bedürfnisse zu kompensieren. So erzeugt die Suche nach Bedürfnisbefriedigung bei obsessiver Grundhaltung weniger Zufriedenheit, als wenn man in leidenschaftlicher Motivation das gleiche Ergebnis erreicht [4].

6. Wie beeinflußt Motivation unsere Wirksamkeit?

Sind wir voller Leidenschaft und Motivation, bewahren wir unsere Zufriedenheit im Leben auch bei Misserfolgen. Wenn jedoch unsere Motivation obsessiv wird, stürzen wir innerlich ab und die Anspannung steigt deutlich an [10]. Unsere Denkweise spielt daher eine wichtige Rolle für unser Glück oder Unglück, denn die Höhen und Tiefen des Lebens lassen sich viel besser meistern, wenn wir leidenschaftlich eingestellt sind. Denn wahres Glück erfahren wir nur dann, wenn wir "gute" wertorientierte Ziele erreichen. Bei Erreichen dieser Ziele spüren wir es deutlich, während uns bei ungesunden Zielen ein großer Energieverlust droht, falls sie nicht erreicht werden.

Zusätzlich wird das Gefühl der Selbstbestätigung durch leidenschaftliches Verhalten gestärkt und die Angst, die eigene Identität zu verlieren, verringert. Im Gegensatz dazu wirkt sich obsessiv motiviertes Verhalten negativ auf unsere persönliche Entwicklung aus. Leidenschaftliche Motive fördern bewusst unser Wachstum und sind kaum schädlich bei Misserfolgen. Hingegen plagen uns starke Selbstzweifel bei obsessiven Motiven und wir erleben weniger Identitätsgewinn.

7. Praxis: Wie gelingt uns der Weg zur Jedi-Motivation (Leidenschaft)?

 Konzentriere dich nicht auf deine Befürchtungen. Richte deine Konzentration auf das Hier und jetzt, wo sie hingehört. [...] Sei dir der lebendigen Macht bewußt.

Qui-Gon Jinn

Unsere Wahrnehmung beginnt mit der Steuerung unserer Aufmerksamkeit [13]. Tellegen bezeichnet dies als Absorption, eine Persönlichkeitseigenschaft, die sich durch Offenheit für emotionale und geistige Veränderungen auszeichnet. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf die Realität um uns herum lenken, nehmen wir Objekte [14]


  • besonders real wahr und
  • blenden ablenkende Reize aus
  • in einem veränderten Realitäts- und Selbstgefühl wahr.


Wenn wir leidenschaftlich denken, wird der Fokus unserer Aufmerksamkeit maßgeblich neu ausgerichtet ("Linse der Aufmerksamkeit"). Ein Experiment von Psychologin E. Langer [15] zeigt dies deutlich: Sie präsentierte einer Gruppe von Testpersonen eine Snellen-Tafel (eine Tabelle mit Buchstaben in verschiedenen Größen), jedoch waren die Buchstaben invertiert angeordnet - also nicht wie erwartet. Dies weckte ihre Aufmerksamkeit auf neue Weise und ihr Bewusstsein konnte nicht mehr auf frühere Erfahrungen zurückgreifen. Die Erwartungen wurden über Bord geworfen und die innere Routine gestört. In ihrer Studie schrieb sie: "Wir sind blind gegenüber dem was wir nicht erwarten". Wenn wir das Unerwartete akzeptieren statt es zu erwarten, können wir uns weiterentwickeln - selbst bei scheinbar banalen Dingen wie einer Tafel mit Buchstaben.


Deshalb besteht bei obsessivem Denken die Gefahr, dass wir unsere Wirklichkeit verzerrt wahrnehmen, da wir von erwarteten Bedürfnisbefriedigungen ausgehen möchten, die sich möglicherweise nicht erfüllen lassen. Diese obsessiven Denkmuster verzerren unsere Sicht auf die Welt um uns herum wie ein Zerrspiegel. Deshalb ist es wichtig, unsere eigenen Motive und Bedürfnisse zu verstehen und die ungesunden davon zu erkennen. Dies dient nicht dazu, uns selbst abzulehnen oder zu verurteilen, sondern gibt uns die Möglichkeit zur positiven Veränderung. Um dies zu lernen, müssen wir mutig unseren Realitäten gegenüberstehen und ihnen vertrauen. Zweifel und Angst sollten dabei ausgeblendet werden - stattdessen sollten wir darauf vertrauen, dass das bisher Unsichtbare wahrnehmbar wird. Indem wir uns von unserem zwanghaften Streben nach Selbstschaffung distanzieren, nähern wir uns einem geläuterten Selbst. Doch dafür ist Vertrauen in etwas bisher Unerkanntes erforderlich – in etwas Wahrhaftiges.

Viel zu lernen du noch hast. [..] Vergessen du musst, was früher du gelernt.

Yoda

Welche konkreten Schritte können dir dabei helfen:


Reflektiere deine Zeiten, in der du Leidenschaft verspürst. Aktiviere deine Neugier und stelle Fragen. Erlebe sie noch einmal in deiner Vorstellung:

  • Was hast du gemacht?
  • Wie hast du dich gefühlt?
  • Was war daran wertvoll und bedeutsam?


Bleibe im Hier und Jetzt und widme dich voll und ganz deiner Aktivität. Drücke am Ende der Erfahrung deine Dankbarkeit aus und lassen die Erfahrung dann los und freuen dich darauf, neue Erfahrungen zu machen. Beispielhaft kannst du folgende Dinge tun [17]:

  • Trage keine Armbanduhr
  • Plane Zeit für Spontanität ein. Reserviere dir ein Wochenende oder einen Tag und mache keinerlei Pläne. Wenn du dies für Fortgeschrittene ausprobieren möchtest, bitte einen Freund, eine Freundin den Tag zu planen
  • Genieße sinnliche Freuden: Lasse dich massieren, gehe ins Thermalbad, gehe in eine Sauna, nimm ein ausgedehntes Bad oder eine lange Dusche
  • Übe Stille und Reflexion durch Kontemplation, Gebet oder Meditation oder andere Dinge
  • Schaffe dir Raum, um mit Familie und/oder Freunden neue Interessengebiete auszuprobieren.

Das wird dir helfen offener und anpassungsfähiger zu werden, wenn du nach Zielen strebst, da es dir Übung gibt ungeplante Ereignisse besser bewältigen zu können.


Reduziere deine Aktivitäten, die zwischenmenschliche Konflikte verursacht oder sich negativ auf andere Bereiche deines Lebens auswirkt, oder engagieren dich in dem Maße, was gut zu dem passt, was wertvoll für dich ist.


Lass dein Ego los. Konzentrieren dich auf die Befriedigung, einfach das zu tun, was du liebst. Konstruiere deine Wirklichkeit (siehe Wirklichkeitskonstruktion) durch Hypothesen.

  • Erweitere deine dir bislang "objektive" Wirklichkeit durch neue Perspektiven. Es gibt immer mehr als eine Perspektive.
  • Konstruiere neue Handlungsoptionen ("Was wäre, wenn ...", "Unter der Annahme, dass ...")
  • Fokussiere auf eine mögliche Lösung und ziehe sie ernsthaft in Betracht


Treffe eigenständige und autonome Entscheidungen im Einklang mit deinen Werten und unabhängig von Ergebnissen oder Erwartungen Dritter.


Schließe andere Beschäftigungen ein, die dir Freude bereiten und zu deiner Identität passen:

  • Welche Aktivitäten fühlen sich für dich richtig an?
  • Was reizt dich daran, etwas Neues zu versuchen, um zu sehen, wie es sich anfühlt, es zu tun?
  • Entdecke das Kind in dir und überlege was du gerne gemacht hast (siehe [16])?

8. Fazit

Denn der Geist, den Gott uns geschenkt hat, lässt uns nicht verzagen. Vielmehr gibt er uns Kraft, Liebe und Besonnenheit.

2. Timotheus 1,7

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es wichtig ist, unsere Motive und Bedürfnisse zu verstehen. So können wir uns auf die Befriedigung der grundlegenden psychologischen Bedürfnisse zu konzentrieren, um unsere Leidenschaft zu stärken und unsere Obsession zu reduzieren. Unsere gestaltbare Umwelt kann dabei eine wichtige Rolle spielen, indem sie Unterstützung und Nährstoffe für die Erfüllung unserer Bedürfnisse bietet.


Möge die Macht mit Dir sein,

Matthias

Quellen


  • [1] R. J. Vallerand, The Psychology of Passion: A Dualistic Model, 2015, ISBN: 978-0199777600
  • [2] E. Deci, R. Ryan, Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik, 1993, DOI: 10.25656/01:11173
  • [3] E. Deci, R. Ryan, Need Satisfaction, Motivation, and Well-Being in the Work Organizations of a Former Eastern Bloc Country: A Cross-Cultural Study of Self-Determination, Personality and Social Psychology Bulletin 27(8):930-942, 2001, DOI: 10.1177/0146167201278002
  • [4] R. J. Vallerand, Toward a hierarchical model of intrinsic and extrinsic motivation. Advances in Experimental Social Psychology,, 1997, 29, 271–360
  • [5] E. L. Deci, R. M. Ryan, The “what” and “why” of goal pursuits: Human needs and the self-determination of behavior. Psychological Inquiry: An International Journal for the Advancement of Psychological Theory, 2000, 11, 227–268
  • [6] E. L. Deci, R. M. Ryan, Promoting self-determined educa-tion. Scandinavian Journal of Educational Research, 1994, 38, 3–14
  • [7] D. Liu.,X-P. Chen, X. Yao, From autonomy to creativity: A multilevel investigation of the mediating role of harmonious passion. Journal of Applied Psychology, 2011, 96, 294–309
  • [8] K.J. Bartholomew, N. Ntoumanis, R.M. Ryan, J. A. Bosch, C. Thogersen-Ntoumani, Self-determination theory and diminished functioning: The role of interpersonal control and psychological need thwarting. Personality and Social Psychology Bulletin, 2011, 37, 1459–1473
  • [9] B.C. Ilardi, D. Leone, T. Kasser, R.M. Ryan, Employee and supervisor ratings of motivation: Main effects and discrepan-cies associated with job satisfaction and adjustment in a factory setting. Journal of Applied Social Psychology, 1993, 23, 1789–1805.
  • [10] R.J. Vallerand, The role of passion in sustainable psychological well-being, Psychology of Well-Being: Theory, Research and Practice, 3 2012. DOI: 10.1186/2211-1522-2-1.
  • [11] P. Hersey, K. H. Blanchard, J. E. Deweney, 1996, Management of organisational behaviour, Upper Sadler River, Prentice-Hall
  • [12] S. Aleksa, K. Binder, J. Kober, S. Maurer, K. Öberseder, M. Schmid, Leidenschaft / Passion - The dualistic model of passion, 2011
  • [13] G.A. Jamieson, The Modified Tellegen Absorption Scale: A clearer window on the structure and meaning of absorption. Australian Journal of Clinical and Experimental Hypnosis, vol. 33 (no 2), 119 - 139, 2005
  • [14] D. Vaitl, Veränderte Bewusstseinszustände, 2012, ISBN 978-3-7945-2549-2
  • [15] F. Schirrmacher, Payback: warum wir im Informationszeitalter gezwungen sind zu tun, was wir nicht tun wollen, und wie wir die Kontrolle über unser Denken zurückgewinnen, 2009, ISBN: 9783896673367
  • [16] D. Elschenbroich, Weltwissen der Siebenjährigen: Wie Kinder die Welt entdecken können, 2002, ISBN: 9783442151752
  • [17] P. Zimbardo, Die neue Psychologie der Zeit, 2011, ISBN: 978-3-8274-2845-5
  • [18] Aristoteles, Nikomantische Ethik, ISBN: 978-3-15-019448-5
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