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Matthias Wegner • 27. Dezember 2024
009 - Gewohnheitskultur

"Ich habe mich geirrt" - Viele Jahre habe ich angenommen, dass der kausale Zusammenhang des Reiz-Reaktionszyklus ein Schlüssel für unsere willentlichen Verhaltenssteuerung ist. Details dazu sind ausführlich in den Artikeln Reaktionsflipper und Motivationsmacht erläutert. Als ich im Sommerurlaub von James Clear das Buch "Die 1%-Methode" lass [2], wurde mir klar, dass das Reiz-Reaktionsmodell hinreichend zur Beschreibung des Zusammenhangs von Motivation und Verhalten ist, es aber in keinster Weise ausreichend ist um gelenkt gewünschtes Verhalten zu erreichen. Warum?

1. Einleitung: Wie kann eine gewünschte Gewohnheitsänderung gelingen?

Unsere Sinneswahrnehmung beeinflußt unser Verhalten viel stärker als unsere Willenskraft. Während unsere Sinne unser Verhalten meist unbewußt steuern, so steuert unsere Überlegungen (Willenskraft) unser Verhalten als bewußte Kraft. Doch diese Kraft ist wie ein Muskel [18] begrenzt und erfordert Energie und Training, weshalb unsere Sinne uns viel öfter lenken, als es unser Wille es tut. Unsere Sinneseindrücke beeinflussen unser Verhalten oft stärker als unsere bewusste Überlegungen [4]:

  • Sehsinn (Visuell): Visuelle Reize liefern etwa 80% aller verarbeiteten Informationen die wir verarbeiten und wirken oft als emotionale Schlüsselreize.
  • Hörsinn (Auditiv): Akustische Reize haben zu 10-15% Anteil an unserer emotionale und verhaltensbestimmende Wirkung
  • Tastsinn (Taktil): Unser Tastsinn macht 5-10% unserer Sinnesorgane aus
  • Geruchssinn (Olfaktorisch): Gerüche und Geschmäcker lösen bei unseren Sinnen 1-5% oft emotionale Reaktionen aus und sind eng mit Erinnerungen verknüpft
  • Geschmackssinn (Gustatorisch): Unser Geschmackssinn ist in einem geringen Prozentsatz (<1%) ein Teil unserer Sinnesrezeptoren


Eine visuelle Kontextsetzung ist deshalb die beste Form ein Umfeld zu schaffen, welches unser Verhalten positiv beeinflusst, schlicht weil unser Sehvermögen die Stärkste aller sensorischen Fähigkeiten ist. Unser Körper verfügt über etwa elf Millionen Sinnesrezeptoren, von denen ungefähr zehn Millionen dem Sehen gewidmet sind [5]. Und das ist noch nicht alles: Unser Gehirn nutzt die Hälfte seiner Ressourcen für das Sehen [6]! Es ist wirklich erstaunlich, wie sehr wir vom Sehvermögen abhängig sind. Tatsächlich sind visuelle Reize die stärksten Impulsgeber für unser Verhalten. Eine kleine Änderung an dem, was man sieht, kann daher das, was man tut, entscheidend wandeln.


Deshalb ist es viel effektiver uns zu überlegen in welcher Form wir unser Umfeld gestalten können, um uns selbst in unserer gewünschten Verhaltensweise zu unterstützen. Stellen wir Beispielhaft eine Obstschüssel in die Mitte eines Raumes – dann ist es gleich viel motivierender, als wenn sie im Kühlschrank steht, oder? Es ist wirklich hilfreich, gewünschte Gewohnheiten in unterschiedlich visuellen und räumlichen Kontexten zu trennen. Wenn wir zum Beispiel am Schreibtisch arbeiten, sorgt das für Klarheit, dass das Sofa nur für die private Entspannung gedacht ist. 

2. Welche Schritte durchlaufen wir bei einer Gewohnheitsänderung?

Was du bist hängt von drei Faktoren ab: Was du geerbt hast, was deine Umgebung aus dir machte und was du in freier Wahl aus deiner Umgebung und deinem Erbe gemacht hast.


Aldous Huxley

So sollten wir neu erforschen mit welchen Faktoren wir wirklich Einfluss nehmen können auf unser Verhalten. Schauen wir uns Schritt für Schritt an, wie wir unser Verhalten ändern können um wiederholtes Verhalten in neue Gewohnheiten zu wandeln. Der Reiz-Reaktions-Zyklus läßt sich in vier Schritte und zwei Phasen einteilen [1]:

  1. Problemphase (Actio): Auslösereiz, Verlangen (es muss sich etwas ändern)
  2. Lösungsphase (Reactio): Reaktion, Belohnung (man wird aktiv)

Der Auslösereiz weckt ein Verlangen, das zu einer Reaktion motiviert, welche wiederum eine Belohnung zur Folge hat, die das Verlangen befriedigt und letztlich mit dem Auslösereiz in Verbindung gebracht wird. Mein Irrtum war die Annahme, dass entschiedene Actio der Willenskraft zu Reactio im Verhalten führt. Zusammen bilden diese vier Schritte eine neurologische Feedbackschleife – Auslösereiz, Verlangen, Reaktion, Belohnung, Auslösereiz, Verlangen, Reaktion, Belohnung –, mit der wir automatisierte Gewohnheiten schaffen können. Diesen Zyklus bezeichnet Duhigg als Gewohnheitsschleife [7].


Um diese Schritte wirklich beeinflussen zu können, braucht es ein Verständnis davon unter welchen Grundannahmen und Prinzipien sich gute Gewohnheiten entwickeln oder schlechte Gewohnheiten abgelegt werden können. Diese Prinzipien dienen als Stellhebel um das menschliche Verhalten zu beeinflussen. Befinden sich die Hebel in der richtigen Position, lassen sich mühelos gute Gewohnheiten schaffen. In der falschen Position ist das jedoch fast unmöglich. Deshalb ist das Umfeld, welches wir uns oder anderen schaffen für eine Verhaltensänderung viel viel viel wichtiger, als die Willenskraft die uns zur Verfügung steht.

3.Welchen Rahmenbedingungen fördern eine Gewohnheitsänderung?

The goal is not to be perfect by the end. The goal is to be better today.

Simon Sinnek

Uns weiterzuentwickeln sollte kein Vergleich oder Wettbewerb sein. Es sollte unser innerstes Motiv sein, dass wir immer mehr zu unserem "identischen Selbst" finden und mehr und mehr herausfinden, welche Talente in uns stecken. So sollten wir uns füreinander freuen, wenn wir dies untereinander herausfinden, nicht kompetetiv zueinander verhalten. Das sollte dann Kreativität und Freude in uns freisetzen, welche uns befähigt in kreativen Lösungen (Innovation) zu denken. Fangen wir an uns zu vergleichen und im Wettbewerb zu sehen, dann beginnen wir uns zu gegenseitig zu rechtfertigen und in Leistungsentwicklung, nicht Identitätsentwicklung zu denken.

When we focus on the competition, we become reactive. When we focus on improving ourselves, we become innovative.

Simon Sinnek

Positive Grundannahmen die eine identitätsbasierte Gewohnheitsänderung fördern, sind:

Du bist nicht alleine: Wir sind soziale Wesen. Wir müssen nicht alleine mit unserer Willenskraft unser Leben in den Griff bekommen. Ich sage es sehr deutlich: "Es ist eine Lüge dass wir alleine unser Leben mit begrenzten Kräften in den Griff bekommen müssen". Wir dürfen uns Menschen suchen, die ein vitales Interesse an uns haben, dass unser Leben gelingt und unserer Fähigkeiten in uns entdeckt werden. Es gibt Menschen die jeden Tag Strukturen schaffen wollen, die Menschen darin unterstützen sich weiterzuentwickeln. Suche solche identitätsentwickelnden Menschen oder sei so ein identitätsentwickelnder Mensch. Dadurch können Menschen herausfinden welche Talente in ihnen noch unentdeckt sind und Teil ihrer Identität sind.

Ergänzungswürdig: Im christlichen Kontext sind alle Menschen Glieder eines Leibes [22]. Wir alle haben individuelle einzigartige Fähigkeiten und sind darauf angelegt diese miteinander zu teilen. Wir sind viel besser zusammen, wenn wir wissen was wir als Einzelne gut können und weniger gut können und uns dann zusammentun um mit unseren Stärken gut zusammenzuarbeiten. Zusammenarbeit ist zutiefst Menschenentwickelnd.

Lernwille: Niemand Drittes ist dafür verantwortlich, dass wir uns weiterentwickeln. Dafür sind wir selbst verantwortlich. Wenn wir nicht selbst "kritisch geläuterte Erfahrungen" [23] machen, dann werden wir nichts lernen. Diese Erfahrung werden wir nur selbst erleben können. Auch hier werde ich deutlich: "Man kann einem Dritten nicht zumuten uns entwickeln zu müßen, wenn wir es selbst nicht wirklich wollen oder irgendwelchen fehlenden Bedingungen die Schuld geben". Wir müssen zulassen, dass Andere von uns die Authorität bekommen mit uns herauszufinden wo wir uns entwickeln können und auch ein Interesse daran haben diese Entwicklung zuzulassen. Schließlich kann niemand den Lauf unseren Lebens laufen, außer wir selbst. Aber es gibt Menschen die uns in diesem Lauf unterstützen können. Aber sie können uns nicht tragen. 

Die vier Prinzipien der Verhaltensänderung [2] bieten einen strukturierten Ansatz, um neue, positive Gewohnheiten zu etablieren und unerwünschte Verhaltensweisen abzulegen. Sie basieren auf der Idee, dass kleine, kontinuierliche Verbesserungen zu signifikanten Ergebnissen führen können. Durch die Anwendung dieser Prinzipien wird der Prozess der Gewohnheitsbildung systematisch gestaltet, wodurch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass gewünschte Verhaltensweisen langfristig beibehalten werden. Diese Veränderungsprinzipien sind:

Prinzip zur guten Gewohnheit Umkehrprinzip zur schlechten Gewohnheit
Auslösereiz G. muss offensichtlich sein (1P) G. muss unsichtbar sein (1PU)
Verlangen G. muss attraktiv sein (2P) G. muss unattraktiv sein (2PU)
Reaktion G. muss einfach sein (3P) G. muss schwierig sein (3PU)
Belohnung G. muss befriedigend sein (4P) G. muss unbefriedigend sein (4PU)


4. Erstes Prinzip: Offensichtlichkeit

Unser Gehirn ist eine wunderbare Vorhersagemaschine [8], die ständig daran arbeitet, Informationen zu verarbeiten und Hypothesen zu entwickeln. Es ist wie ein schlauer Detektiv, der herausfindet, ob Reize wie Stress oder Angst relevant sind oder nicht. Das Gute an Gewohnheiten ist, dass wir den Auslösereiz nicht bewusst wahrnehmen müssen, um die Gewohnheit auszuüben. Das Schlechte daran ist, dass wir den Auslösereiz nicht bewusst wahrnehmen und die Gewohnheit auszuüben. Je häufiger wir die Gewohnheit wiederholen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir das geübte Verhalten hinterfragen oder bewusst wahrnehmen. Deshalb ist es bedeutsam, dass wir die Gewohnheiten ins Bewußtsein, ins Augenscheinliche, ins Offensichtliche holen.

Bis wir uns das Unbewußte bewusst machen, wird es unser Leben lenken und wir werden es Schicksal nennen.

Carl Jung (vermutlich)

4.1. Wie können wir unser Verhalten wahrnehmen? (Point and Call)

Zeigen und Benennen ("Pointing and Calling") ist eine Methode die Anfang des 1900 Jahrhunderts bei der Lokfahrt eingeführt wurde, um die Sicherheit zu erhöhen. Dabei wir bei jeder Wahrnehmung oder Handlung gezeigt und benannt welches Verhaltes ausgeführt wird, z.B. „das Signal ist grün“ oder „Der Zug fährt 100km/h“. Diese Methode ist deshalb so effektiv, weil sie unsere Aufmerksamkeit erhöht.

Die Methode hilft unser Bewusstseins zu steigern und unsere Gewohnheiten zur Verbesserung der Entscheidungsfindung zu optimiere. Dies zeigt sich in folgenden Merkmalen:

  1. Erhöht das Bewusstsein [9]: Es hebt unbewusste Gewohnheiten auf eine bewusste Ebene und macht es wahrscheinlicher, dass Menschen potenzielle Probleme bemerken.
  2. Reduziert Fehler [11]: Im japanischen Eisenbahnsystem reduzierte diese Technik Zugunfälle um 85%.
  3. Anwendbar auf Gewohnheitsbildung [10]: Clear schlägt vor, diese Methode zu nutzen, um schlechte Gewohnheiten zu identifizieren und zu ändern.

Wir können unsere Gewohnheiten nicht ändern, wenn wir sie nicht bewusst als solche wahrnehmen in dem Moment wo wir sie ausüben. In der Retrospektive ist es zu spät eine schlechte Gewohnheit als solche zu identifizieren. Um sie zu lenken muss sie ins Bewusstsein geholt werden, damit wir und anders entscheiden können. Wir können nichts entscheiden, wenn wir es nicht unterscheiden können.

4.2. Wie können wir Verhalten bewerten (Verhaltensscorecard)?

Wenn wir uns eine Liste mit all unseren Gewohnheiten erstellen, können wir diese bewerten. Eine Bewertung sollte erfolgen in gute, schlechte oder neutrale Gewohnheiten. Eine Kennzeichnung der Gewohnheiten kann mit gut (+), neutral (=) und schlecht (-) erfolgen [12].  Zur Orientierung der "guten" oder "schlechten" Bewertung helfen folgende Fragen:

  • Hilft mir dieses Verhalten dabei, der Mensch zu werden, der ich Sein möchte?
  • Stimme ich mit dieser Gewohnheit für oder gegen meine angestrebte Identität ab?


Gewohnheiten, die deine angestrebte Identität verstärken, sind in der Regel gut. Gewohnheiten, die der angestrebten Identität widersprechen, sind in der Regel schlecht.

Wenn wir unsere Gewohnheiten verändern wollen, dann fokussieren wir uns in der Regel auf das, was wir wie erreichen wollen. So entstehen ergebnisorientierte Gewohnheiten. Eine andere Möglichkeit sind identitätsorientierte Gewohnheiten. Dabei konzentrieren wir uns darauf, wer wir werden möchten. Ein Verhalten, das nicht mit dem eigenen Selbst vereinbar ist, ist nicht von Dauer. Gewohnheiten lassen sich leider nur schwer ändern, wenn die grundlegenden Überzeugungen, die für das bisherige Verhalten verantwortlich sind, gleich bleiben. Mit reiner Ergebnisorientierung streben wir zwar neue Ziele und Pläne an, haben aber noch nicht verändert, wer wir sind. Die ultimative Form unserer intrinsischen Motivation erreichen wir, wenn unsere Gewohnheit Teil unserer Identität wird. Es ist ein großer Unterschied, ob wir sagen: "Das möchte ich gerne", oder: "So bin ich". Neue Gewohnheiten prägen unsere Identität und umgekehrt.


Im Ideal wird unsere Identität durch unser Verhalten geprägt und ausgedrückt. Darin spiegelt sich unser inneres Wollen und Können. Im Lateinischen leitet sich Identität etymologisch von "essentitas" für Sein und "identidem" für Wiederholung ab. Das bedeutet, unsere Identität ist ein Ergebnis aus "wiederholtem Sein" ("Ich bin, ich bin, ich bin").


Es ist wichtig, in kleinen Schritten vorzugehen:

Entscheide, WER du sein möchtest

Beweise diese Identität mit kleinen Siegen


Jeden Tag gibt es Gründe, die uns daran hindern, unsere Gewohnheiten zu verändern. Die Gründe dafür können unendlich sein, aber wir dürfen uns davon nicht entmutigen lassen. Wir sollten uns nicht zu sehr an eine bestimmte Version unserer Identität klammern, denn Fortschritt bedeutet Veränderung. Jede neue Gewohnheit, die wir annehmen, führt nicht nur zu neuen Ergebnissen, sondern schenkt uns auch wertvolle Erfahrungen und Vertrauen in unsere Fähigkeiten. Dabei ist es wichtig, dass wir unsere Werte und Prinzipien im Blick behalten, um unsere Identität zu bereichern und uns weiterzuentwickeln.


Der häufigste Auslöser für Gewohnheiten ist Zeit und Raum. Deshalb kann es sehr hilfreich sein, einen Plan zu erstellen, in dem du festlegst, wann und wo du eine Gewohnheit ausführen möchtest. Wenn du deine Wahrnehmung stärken möchtest, kannst du dir für die als schlecht identifizierten Gewohnheiten einen Aussagesatz zurechtlegen, z. B. "Ich will diesen Keks essen. Ich brauche ihn nicht. Wenn ich ihn esse, werde ich zunehmen und es schaden meiner Gesundheit". Egal, ob du eine gute oder schlechte Gewohnheit hast. Wenn du etwas verändern möchtest, ist es eine gute Idee, laut auszusprechen, was du tun möchtest. So kannst du deine Wahrnehmung verändern und die Reize erkennen, die eine Gewohnheit auslösen.

4.3 Teilprinzipien Offensichtlichkeit

  • Benenne (sich wiederholendes) Verhalten indem du darauf zeigst und es laut aussprichst (Point&Call). Das hilft dir dein Verhalten wahrzunehmen
  • Schreibe dein tägliches Verhalten auf und bewerte es.
  • Fokussiere darauf mehr dein identisches Sein zu erweitern
  • Schätze jede noch so kleine Veränderung wert, die deine Identität erweitert
  • Jede Gewohnheit beginnt mit einem Auslösereiz. Platziere in deinem Umfeld Auslösereize offensichtlich und deutlich sichtbar
  • Mit der Zeit wird ein gesetzter Kontext zum Auslösereiz
  • Es ist einfacher neue Gewohnheiten in neuen Kontexten zu etablieren, wie in bekannten Kontexten gegen alte Auslösereize zu kämpfen. Gestalte dein Umfeld so, dass du dich vor Auslösern schlechter Gewohnheiten schützt. Entferne die Auslösereize aus deinem Umfeld.

5. Zweites Prinzip: Attraktivität

In der Lebensmittelindustrie, den sozialen Medien und anderen Wirtschaftszweigen wird viel dafür getan, dass Menschen im Sinne von Interessensträgern beeinflusst werden. Nicht um zwingend den Menschen etwas Gutes zu tun, sondern um die Interessen des Einflussnehmers zu maximieren. Das führt dazu, dass die Versionen der Realität, die uns vorgegaukelt werden, viel attraktiver erscheinen als die Welt, in der wir uns befinden. So werden Chips oder Pommes gustatorisch verbessert. Und auch Make-up-Filter in Social-Media-Videos oder Schaufensterpuppen, die uns in einem anderen Licht erscheinen, als die Menschen, die uns sonst so begegnen, sind Beispiele dafür. Es sind die kleinen Dinge, die unsere Wahrnehmung beeinflussen und uns dazu verleiten, Dinge als attraktiver zu betrachten, die es gar nicht sind. So wird unsere Wahrnehmung immer mehr mit einer Pseudo-Attraktivität verzerrt, die eher zu, wie abnimmt. Das führt dazu, dass unsere Selbstwirksamkeit abnimmt, weil die Pseudo-Reize attraktiver sind als unser Leben [2].

5.1. Wie können wir Verhalten im Huckepack koppeln? (Dopamingesteuertes Feedback)

Unser Verlangen, unsere Gewohnheiten – sie werden von einem Neurotransmitter gesteuert, dem Dopamin [13]. All unsere Gewohnheiten sind dopamingesteuerte Feedbackschleifen. Und wenn unser Körper wenig oder kein Dopamin ausschütten, verlieren wir das Interesse. Wenn unser Körper viel Dopamin ausschüttet, sind wir voller Tatendrang und unsere Erwartungen steigen. Das ist zum Beispiel der Fall bei Drogen oder Spielsucht. So verzerren überhöhte Dopaminausschüttungen durch gegebene Pseudo-Attraktivitäten unser Bewußtsein, weil das Verhalten in gefakte Wirklichkeiten sich besser anfühlt wie die Realität. Aber wenn wir das nicht mehr unterscheiden lernen, dann ist die Wirklichkeitsflucht attraktiver wie die Wirklichkeit selbst.

Aus diesem Grund ist es Bedeutsam uns selbst die realen und gewünschten Attraktivitäten zu erhöhen um negative oder Pseudo-Attraktivitäten überwinden zu können. Dabei hilft, dass die Erwartung einer Belohnung uns dazu veranlasst, etwas zu tun, und nicht die Belohnung selbst. Wenn wir eine attraktive Gewohnheit etablieren möchten, können wir das Premack-Prinzip [14] anwenden. Das besagt: Die Gelegenheit zu einem Verhalten, das uns wichtig ist, kann ein weniger wichtiges Verhalten verstärken. Daraus folgt die Kombination von Bedürfnissen, die zu Gewohnheiten werden (Gewohnheitskopplung):

  1. Wenn ich (meine aktuelle Gewohnheit) nach (erfolgreichen Gewohnheit) handle, dann ...
  2. Nach (erforderliche Gewohnheit) werde ich (gewünschte Gewohnheit) tun


So koppeln wir eine weniger gewünschte (unattraktive) Gewohnheit an eine gewünschte (attraktive) Gewohnheit. Wir koppeln eine Aktivität, die wir durchführen möchten, mit einer Aktivität, die wir ausführen müssen. Das ist so als würden wir eine gewünschte Gewohnheit in eine erforderliche verpacken (Huckepack), egal ob vorher oder nachher ausgeübt.

5.2. Wie kann Zugehörigkeit unser Verhalten ändern? (Herdentrieb)

Wir Menschen sind Herdentiere. Deshalb sehnen wir uns alle danach, dazuzugehören. Das hat auch einen starken Einfluss auf unser heutiges Verhalten [16]. Wir ahmen sehr häufig Gewohnheiten von drei Gruppen nach:

  • Nahestehenden: Je näher wir einer Person stehen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir sie nachahmen. So können wir uns Vorbilder suchen, um uns verändern zu lassen, oder Vorbild sein, um unser nahes Umfeld durch Beziehung und Vorbild-sein zu verändern. Nichts fördert mehr als die Zugehörigkeit zum Stamm, denn so stärkt die gemeinsame Identität die persönliche Identität.
  • Mehrheit: Der Psychologe Solomon Asch [15] führte ein Experiment durch, bei dem eine Testperson einen Raum betrat, mit einer Gruppe unbekannter Personen. Die Teilnehmer wussten nicht, dass es sich bei den anderen um Schauspieler handelte, die auf Anweisung des Forschers vorgegebene Antworten auf bestimmte Fragen lieferten. Zuerst wurde der Gruppe eine Karte mit einer Linie gezeigt, danach eine zweite Karte mit mehreren Linien. Jede Person sollte die Linie auf der zweiten Karte nennen, die genauso lang wie die auf der ersten. Das war eine ganz einfache Aufgabe.Das Experiment begann immer gleich. Erst gab es einige einfache Versuche, bei denen sich alle auf die richtige Linie einigen.Nach einigen Runden wurden den Teilnehmern ein Test gezeigt, der genauso offensichtlich war wie die vorherigen. Doch diesmal gaben die Schauspieler absichtlich falsche Antworten. Er hat dieses Experiment viele Male durchgeführt und bestätigt, dass mit der Anzahl der Schauspieler auch die Konformität der Testperson stieg.Wenn es sich um mehr als zwei Personen handelte, die falsche Antworten gaben, dann ließen die Testpersonen sich verunsichern, und zum Ende des Experiment hatten 75 % der Probanden der Gruppen Antwort zugestimmt, obwohl diese offensichtlich falsch war. Es ist ein großer Druck, den Normen einer Gruppe zu entsprechen, und die Akzeptanz der Gruppe ist oft wichtiger als eigene Überzeugungen. Wenn wir unsere Gewohnheiten ändern wollen und dabei einen Stamm herausfordern müssen, ist die Veränderung der Gewohnheit unattraktiv.


Wenn Verhalten Anerkennung, Respekt und Lob verspricht, finden wir es attraktiv und wir sind motiviert, Verhaltensweisen zu vermeiden, die unseren Status senken würden.

5.3. Teilprinzipien Attraktivität

  • Jede Verhaltensweise, die wir zeigen, hat ihre Gründe. Die Gründe sind entweder oberflächliches Verlangen oder tiefgründige Motive (Grundmotive). Oberflächlich ist das, was wir im ersten Augenblick fühlen, tiefgründig ist das, was in uns vorgeht. 
  • Die eigentliche Quelle unserer Gewohnheiten basiert auf den Annahmen und Vorhersagen (Hypothesen), denen wir Bedeutung geben. Und diese Vorhersage ruft ein bestimmtes Gefühl in uns hervor.
  • Wenn wir die vielen Vorteile betonen, die der Verzicht auf eine schlechte Gewohnheit mit sich bringt, dann erscheint dies unattraktiver. Gewohnheiten sind attraktiver, wenn wir sie mit positiven Gefühlen verbinden. Setze auf Bedürfniskombinationen. Verbinde etwas, das du tun möchtest, mit etwas, das du tun musst.
  • Schließe dich einer Kultur an, in der angestrebtes Verhalten normal ist
  • Schaffe ein Motivationsritual. Tue unmittelbar vor einer schwierigen Gewohnheit etwas, dass dir Freude bereitet.
  • Verändere deine Perspektive. Betone, welche Vorteile es hat, wenn du die schlechte Gewohnheit meidest.

6. Drittes Prinzip: Einfachheit

6.1. Wie kann Wiederholung ein Verhalten ändern? (Wiederholung macht den Schlager)

Am ersten Tag des Semesters an der Universität von Florida teilte Professor Jerry Uelsmann [17] seine Studierenden in zwei Gruppen ein. Jede Gruppe saß auf einer Seite des Klassenzimmers. Er erklärte der linken Gruppe "Menge", dass sie ausschließlich nach dem Umfang ihrer Arbeit benotet würden. Am letzten Tag des Semesters würde er die Anzahl der von ihnen eingereichten Fotos ermitteln. Einhundert Fotos würden mit der Bestnote bewertet, neunzig mit der zweitbesten und so weiter. Alle auf der rechten Seite des Raumes waren dagegen in der Gruppe "Qualität". Sie sollten nur nach der Qualität ihrer Arbeit beurteilt werden. Sie mussten im ganzen Semester nur ein einziges Bild hervorbringen, doch für die Bestnote musste es nahezu perfekt sein.

Am Ende des Semesters war der Professor erstaunt, dass in der Gruppe "Menge" die besten Fotos entstanden waren. Die Studierenden hatten das ganze Semester über Fotos gemacht, mit Komposition und Beleuchtung experimentiert, verschiedene Methoden in der Dunkelkammer ausprobiert und aus ihren Fehlern gelernt. Indem sie Hunderte von Fotos erstellten, wurden sie immer besser. Wer mehr experimentiert, lernt mehr. Die Gruppe Qualität dagegen hatte nur herumgesessen und spekuliert, was Perfektion bedeutete. Am Ende konnten diese Studierenden außer vagen Theorien und einem mittelmäßigen Foto wenig vorweisen. Oft sind wir so sehr damit beschäftigt, den besten Ansatz zu finden, dass wir gar nicht dazu kommen, überhaupt aktiv zu werden. Voltaire schrieb dazu treffend: "Das Beste ist der Feind des Guten."


Dieses Experiment beschreibt treffend den Unterschied zwischen Beschäftigung und Handeln. Beide Begriffe scheinen das Gleiche zu meinen, doch das täuscht. Beschäftigung bedeutet, dass wir planen, Strategien entwerfen und lernen. Das ist zwar sehr wertvoll, führt aber nicht zu einem Ergebnis. Handeln ist anders. Handeln führt zu einem Ergebnis. Wenn wir etwas tun, fühlen wir uns, als würden wir Fortschritte machen, ohne das Risiko eines Scheiterns einzugehen. Wir sind meist sehr gut darin, Kritik zu vermeiden. Scheitern oder öffentliche Verurteilungen sind sehr unangenehm, deshalb gehen wir Situationen, in denen dies droht, lieber aus dem Weg. Und genau das ist der Hauptgrund, warum wir uns einer Beschäftigung widmen, anstatt zu handeln: Wir wollen das Scheitern hinauszögern. Wenn wir eine Gewohnheit meistern wollen, ist nur die Wiederholung der Schlüssel zum Erfolg, nicht die Perfektion. Wann wir eine Gewohnheit final eingeübt haben, ist nicht so wichtig. Was zählt, ist die Anzahl der Wiederholungen.

6.2. Wie können wir energiearme Gewohnheiten einüben? (Automatizität)

Gewohnheiten entwickeln sich auf ganz natürliche Weise. Anfangs müssen wir etwas bewusst tun, um eine Gewohnheit zu etablieren. Nach einer Weile passiert es ganz von selbst. Wenn wir unser Verhalten automatisch ausüben, nennt man das Automatizität. Es ist die Fähigkeit, eine Handlung auszuführen, ohne darüber nachzudenken. Dann ist das Nichtbewusstsein am Werk [2].

Am Anfang (Punkt A) erfordert uns die Ausführung einer Gewohnheit viel Anstrengung und Konzentration. Nach einigen Wiederholungen (Punkt B) wird es einfacher, braucht jedoch immer noch ein gewisses Maß an bewusster Aufmerksamkeit. Nach entsprechender Übung (Punkt C) läuft die Gewohnheit eher automatisch als bewusst ab. Jenseits dieser Schwelle – der Gewohnheitsgrenze – lässt sich das Verhalten mehr oder weniger ohne Nachdenken ausführen. Eine neue Gewohnheit ist entstanden, die uns sehr ans Herz gewachsen ist [2].

Ich bin bisher davon ausgegangen, dass Motivation der Schlüssel zur Veränderung von Gewohnheiten ist. Das unser wirkliches Wollen, dann auch zu unserem Tun führt. Aber immer wieder scheiterte diese Hypothese an meinem Handeln und irgendetwas stimmte damit nicht. In Wirklichkeit sind wir jedoch darauf gepolt das Einfache zu tun, für das wir genügend Energie zur Verfügung haben. Egal was wir Wollen, viel Wesentlicher ist, wieviel Energie wir dafür benötigen. Je mehr Energie wir dafür aufwenden müssen, desto unwahrscheinlicher ist, das wir es tun. Je höher die Hürde oder der Energiebedarf, also je schwieriger die Gewohnheit, desto größer der Unterschied zwischen unserem aktuellen und unserem angestrebten Zustand. Deshalb ist es wichtig, dass unsere Gewohnheiten so einfach sind, dass wir sie auch dann ausführen, wenn wir gerade keine Lust haben. Wenn wir unsere guten Gewohnheiten bequemer gestalten, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir diese auch umsetzen. Dann wird die neue Gewohnheit zu einer Tür zu unserem Sein und dem was wir wirklich wollen.

6.3. Wie können die kleinen Dinge unser Verhalten ändern? (Short and Simple)

Ich treffe mich regelmäßig mit einem Freund um mit ihm über "Gott und die Welt" zu sprechen. Beim letzten Treffen philosophierten wir darüber welchen Beitrag wir leisten könnten, um Menschen im Alltag in echter Veränderung zu begleiten. Es scheint eine einfache Fragestellung zu sein, aber dennoch gibt es so viele Möglichkeiten. Wir sprachen über die vielen "Kleinen Dinge" im Leben, die Menschen nachhaltig verändern, wenn sie erfahren, dass sie eine Fähigkeit haben, die bisher unentdeckt waren. So erlebte ich das einfache Menschen einen riesigen nachhaltigen Zugewinn in ihrer Identität machten, indem sie in kleinen Dingen lernten etwas zu tun, was sie vorher nicht konnten, z.B. einen Konflikt zwischen zwei Anderen schlichten, an einem Mikrofon sprechen, eine Vortrag inhaltlich vorbereiten und selber halten. In kleinen Dingen etwas mit eigener Selbstwirksamkeit gelernt zu haben erzeugt eine gewaltigen Schub im Selbst-Bewußt-Sein.

So sind es nicht die großen Dinge, die großen Stellhebel, die großen Ziele, die Wichtig sind. Es sind die kleinen Dinge die den Unterschied machen. Die kleinen Tätigkeiten sind die Wichtigen. die alltäglichen Dinge sind die Wertvollen. 


Wer im Geringsten treu ist, der ist auch im Großen treu. (Lukas 16, 10)


Dieses Prinzip betont, dass Zuverlässigkeit und Integrität in alltäglichen, scheinbar unbedeutenden Aufgaben entscheidend sind. Sie bilden die Grundlage für Verantwortlichkeiten in größeren Angelegenheiten. Ich nenne sie einfach "Perlenmomente", klein und kostbar. Die schnelle und laute Welt um uns herum mit den Social-Medien erklärt uns jeden Tag, was unsere Aufmerksamkeit haben sollte. Aber das was oft überbetont wird, wird nicht wahr über die Anzahl der Erklärungen [18]. Wahr ist, das die kleinen Dinge wichtig sind, nicht die lauten Dinge. Deshalb ist es wichtig, dass wir die entscheidenden Perlenmomente des Tages im Griff haben. Jeder Tag besteht aus vielen Momenten, doch die grundsätzliche Richtung, die Sie einschlagen, wird durch einige wenige gewohnheitsmäßige Entscheidungen bestimmt. Diese kleinen Wahlmöglichkeiten summieren sich und legen fest, welchen Verlauf der nächste Zeitabschnitt nehmen wird. Gewohnheiten sind der Anfangspunkt, nicht das Ende. David Allen [20] empfiehlt mit seiner 2-Minuten-Regeln Dinge sofort zu erledigen:

Wenn etwas weniger als 2 Minuten dauert, mache es jetzt.

David Allen

Widmet man sein Regel zur Gewohnheitsänderung um, dann sollte uns klar sein, dass wir klein anfangen sollten. Stecken wir uns zu leicht zu hohe Ziele, dann setzen wir uns zu große Hürden. Wenn wir von einer Veränderung träumen, nehmen wir uns im Eifer des Gefechts zwangsläufig zu viel auf einmal vor. Dagegen hilft die Zwei-Minuten-Regel, die besagt: 


Wenn man eine neue Gewohnheit anfängt, sollte sie nicht mehr als zwei Minuten in Anspruch nehmen.


Man kann fast jede Gewohnheit auf eine Zwei-Minuten-Version reduzieren: 

  • "Jeden Abend vor dem Einschlafen lesen" wird zu "Eine Seite lesen".
  • "Dreißig Minuten Yoga" wird zu "Yogamatte hervorholen".


Dabei geht es darum, Gewohnheiten so einfach wie möglich zu gestalten. Jeder kann eine Minute lang meditieren, eine Seite lesen oder ein Kleidungsstück wegräumen. Und diese Strategie ist, sehr wirkungsvoll, denn wenn man einmal damit angefangen hat, das Richtige zu tun, lässt es sich viel leichter fortsetzen. Eine neue Gewohnheit sollte nicht wie eine Hürde wirken. Die anschließenden Handlungen können schwieriger werden, aber die ersten zwei Minuten sollten einfach sein. Es braucht eine "Einstiegsgewohnheit", die uns wie von selbst in eine förderliche Richtung lenkt. Einstiegsgewohnheiten, die zu einem angestrebten Ergebnis führen, können wir in der Regel ermitteln, indem unser Ziele auf einer Skala von »sehr einfach« bis »sehr schwer« einordnen. So ist es zum Beispiel sehr schwer, einen Marathon zu laufen. Ein Fünf-Kilometer-Lauf ist schwierig. Zehntausend Schritte zu tun ist mittelschwer. Ein zehnminütiger Spaziergang ist einfach. Und die Laufschuhe anzuziehen ist sehr einfach. Wenn unser Ziel also darin besteht, einen Marathon zu laufen, könnten wir es uns zur Gewohnheit machen, die Laufschuhe anzuziehen.

6.4. Teilprinzipien Einfachheit

  • Reduziere den Aufwand. Verringere die Anzahl der Schritte um die gute Gewohnheit erledigen zu können
  • Bereite dein Umfeld richtig vor. Sorge dafür, dass zukünftige Handlungen einfacher werden
  • Achte auf die entscheidenden Perlenmomente. Optimiere die kleinen Entscheidungen, die übergroße Wirkung zeigen
  • Wende die 2-Minuten-Regel an. Reduziere die gewünschte Gewohnheit so weit, bis sie höchstens 2 Minuten in Anspruch nimmt
  • Automatisiere deine Gewohnheit. Investiere in Anschaffungen, die dein zukünftiges Verhalten steuern.
  • Erhöhe den Aufwand von schlechten Gewohnheiten.
  • Sorge für Selbstbindung. Beschränke deine zukünftigen Entscheidungsmöglichkeiten auf solche, die dir guttun.

7. Viertes Prinzip: Befriedigung

7.1. Wie können wir durch visuelle Kontinuität Gewohnheiten entwickeln?

Unser Gehirn ist so eingestellt, dass es immer das wiederholen möchte, was belohnt wurde, und das vermeiden, was bestraft wurde. Wir wollen in der Regel auch immer alles sofort haben. Bei vielen guten Gewohnheiten tritt die Belohnung aber erst zeitverzögert ein (Belohnungsaufsschub), beispielsweise wird man durch einmal Joggen nicht zum Spitzensportler.


Die ersten Prinzipien haben dafür gesorgt, dass wir überhaupt etwas tun, das vierte Prinzip sorgt dafür, dass wir eine Handlung auch in der Zukunft wiederholen. Deshalb ist es eine gute Idee, Gewohnheiten zu belohnen, auch wenn es nur mit etwas Kleinem ist.

Gerade bei schlechten Gewohnheiten, die man sich abtrainieren will, gibt es ein Problem: Da macht man eigentlich nichts. Also gibt es auch keine Belohnung. Aber es gibt einen einfachen Trick: Tragen wir unsere Gewohnheit einfach nach, indem wir beispielsweise ein X im Kalender eintragen oder eine passende App installieren. Und wenn wir eine Gewohnheit einmal aussetzen möchten, ist das auch gar nicht so schlimm. Wir solltest danach nur direkt wieder starten und eine Gewohnheit nicht zweimal hintereinander aussetzen. Ansonsten kann es etwas schwierig werden, wieder in den Rhythmus zu finden. Durch Gewohnheitstracking entsteht eine Reihe von visuellen Auslösereizen, die helfen die nächste Tätigkeit anzuregen. Desweiteren hilft es ehrlich zu sein, damit wir nicht ein falsches Bild unseres Verhaltes entwickeln. Wesentlich ist nach Ausrutschern nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern weitermachen, auch wenn es nicht perfekt ist. Wichtiger ist die kontinuierliche Wiederholung, nicht die perfekte Ausführung. Wichtig bei der Verhaltenskontrolle ist, das zwischen Maß und Ziel unterschieden wird und das Maß nie zum Ziel wird.

Wenn ein Maß zum Ziel wird, ist es kein gutes Maß mehr (Goodhart's Prinzip) [21]

Messungen sind nur dann sinnvoll, wenn sie der Orientierung dienen und den Kontext zu einem größeren Bild vermitteln.

7.2. Teilprinzipien Befriedigung

  • Setze Verstärker ein ein. Gönne dir eine unmittelbare Belohnung, wenn du deine Gewohnheit abgeschlossen hast.
  • Mache das "Nichtstun" angenehm. Sorge dafür, dass du einen Vorteil darin siehst, wenn du eine schlechte Gewohnheit vermeidest.
  • Verwende einen Gewohnheitstracker. Halte die Serie deiner Gewohnheiten nach und lasse diese nicht "abreißen".
  • Setzte niemals zweimal hintereinander aus. Mache keine Aussetzer. Wenn du eine Gewohnheit vergisst, sorge sofort dafür wieder auf Spur zu kommen.
  • Suche einen Rechenschaftspartner. Bitte jemand auf dein Verhalten zu achten.
  • Erstelle einen Gewohnheitsvertrag. Sorge dafür das schlechte Gewohnheiten publik werden und unangenehm werden.

8. Fazit

Eine persönliche Veränderungskultur zu entwickeln ist einerseits ein sehr leichtes und andererseits ein sehr komplexes Unterfangen. Deshalb fasse ich die wichtigsten Faktoren nochmals zusammen:


  1. Umfeld, visueller und inhaltlicher Kontext: „Schaffe dir ein Umfeld mit einem ansprechenden visuellen und inhaltlichen Kontext, der sich an klaren Prinzipien orientiert und Raum für zukunftsweisendes Handeln und gemeinsame Ziele bietet.“
  2. Stetige vorgelebte Wiederholungen: „Optimiere ein kontinuierliches Vorleben und Wiederholen von Werten und Verhalten um eine nachhaltige Wirkung zu schaffen. Das ist deutlich wirksamer als reine zukünftige Ziele.“
  3. Kleine Experimente: „Gestalte mit kleinen, gut durchdachten Experimenten deine Veränderungen, die sich leichter in den Alltag integrieren lassen und die vorhandene Energie effektiv nutzen.“
  4. Herdentrieb und Zusammenarbeit: „Setze auf die Kraft des kollektiven Handelns und fördere ergänzende Zusammenarbeit, um gemeinsam mehr zu erreichen.“


Du bist eine Perle des Planeten. Schätze die Perlenmomente, die dir das Leben bietet.


Herzlichst,

Matthias


Folgender Text kann als Prompt für z.B. ChatGPT genutzt werden um eine Verhaltensscorecard in allen Prinzipiendimensionen zu erstellen. Kopiere sie und führe sie in ChatGPT aus, um zu sehen wie ein Beispiel aussehen kann:

Ergänze folgende Tabelle in Markdown mit folgenden Inhalten.


Spaltenstruktur:

Reiz

Verlangen

Reaktion/Verhalten

Belohnung

Bewertung

Zeigen und Benennen

Identität

Kopplung

Kontext

Kontinuität

Perlenmoment (2 Min)

Verhinderer

Indikator

Rechenschaftspartner


Detailanforderungen je Spalte:

Verhalten: Eine klare Handlung oder Verhalten oder Aktivität, die jemand ausführen kann (z. B. Joggen, Lesen, Meditieren). Dieser Inhalt ist vorgegeben und dient als Eingabe für die anderen auszuformulierenden Felder

Belohnung: Welche emotionale oder materielle Belohnung entsteht durch die Reaktion (z. B. Freude, Stolz, Klarheit)?

Zeigen und Benennen: Wie könnte dieses Verhalten sich beobachten lassen (z. B. Kameraperspektive, Schlüsselbilder)?

Identität: Ein Satz, der beschreibt, wie dieses Verhalten die Identität einer Person unterstützt (z. B. „Ich bin ein kreativer Denker“).

Perlenmoment (2 Min): Ein einfacher Einstieg oder eine Kurzversion des Verhaltens, die innerhalb von zwei Minuten durchgeführt werden kann.

Verhinderer: Mögliche Hindernisse (z. B. fehlende Motivation, äußere Ablenkungen, Zeitmangel).


Hinweise für das Ausfüllen:

Fülle jede Zeile mit einem spezifischen Verhalten aus.

Sei kreativ und konkret bei der Beschreibung der Belohnung und der Identität.

Denk daran, praktische und umsetzbare Ideen für die 2-Minuten-Umsetzung zu liefern.

Liste realistische Blocker und wie man sie umgehen könnte.


Erstelle für folgende Reaktionen die oberen Inhalte:

Zähneputzen

Gesundes Frühstück

Regelmäßig Sport

Verhältnismäßiger Medienkonsum

Arbeitszeit

Mittagessen

Hobby/Persönliche Projekte

Lesen

Meditation/Entspannung

Abendessen

Zeit mit Familie/Freunden

Reflexion des Tages

Planung für den nächsten Tag

Früh genug Schlafen gehen

Moderater Konsum von Genussmitteln


Quellen


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  • [2] James Clear, Die 1% Methode, 2020, ISBN: 978-3-442-17858-2
  • [3] Hans-Georg Willmann, 30 Minuten Willenskraft, 2014, ISBN: 978-3-86936-355-4
  • [4] Fabian Hutmacher, Why Is There So Much More Research on Vision Than on Any Other Sensory Modality?, 2019, Frontiers in Psychology, DOI: 10.3389/fpsyg.2019.02246
  • [5] Wilson, Strangers to Ourselves, 2004, ISBN: 978-0-674-01382-7
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  • [9] https://jamesclear.com/habits-scorecard
  • [10] https://entregurus.com/pointing-calling-habit-success/
  • [11] https://thehabit.co/pointing-and-calling/
  • [12] Gisela Bartling, Problemanalyse im psychotherapeutischen Prozess, 2016, ISBN: 978-3-17-029759-3
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  • [14] Christian Becker-Carus, Allgemeine Psychologie, 2017, ISBN: 978-3-662-53005-4
  • [15] Harold Guetzkow, Groups, Leadership and Men: Research in Human Relations, 1951
  • [16] Peter Richerson, Not by Genes Alone, 2010, ISBN: 978-0226712840
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  • [18] Frank Schirrmacher, Payback, 2011, ISBN: 978-3-570-55142-4
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