Jedes Fragen ist ein Suchen.
M. Heidegger
Die Titelmelodie der Sesamstraße ist seit den 70ern aus keinem Wohnzimmer mehr wegzudenken. Der Song startet mit den Worten "Der, die, das". Wer, wie, was, warum? Wieso, weshalb, warum? "Wer nicht fragt, bleibt dumm." Als Kind habe ich diese Worte jahrelang gehört und mich nie gefragt, was sie bedeuten. Die Bedeutung geht weit über die einfache Aussage hinaus: Wenn wir keine Fragen stellen, bleiben wir unwissend. Wenn wir Annahmen und Vorurteile infrage stellen, können wir unseren Horizont erweitern und neue Erkenntnisse gewinnen. Das Stellen von Fragen ist ein wichtiges Instrument, um Probleme zu lösen und neue Ideen zu entwickeln. Es hilft uns, neue Wege zu finden, um Herausforderungen anzugehen oder innovative Lösungen für bestehende Probleme zu finden. Die Rolle von Fragen bei der Suche nach neuen Informationen und Perspektiven sollte nicht unterschätzt werden. Sie fördern kritisches Denken sowie tiefgreifendes Fachwissen.
Eine gut formulierte offene Frage ist eine super Methode, um ein Thema besser zu verstehen. Wie eine leuchtende Lampe kann eine gute Frage unsere Realität so ausleuchten, dass wir neue Erkenntnisse gewinnen können. Eine gute Frage hilft uns, die Welt besser zu verstehen. Sie zeigt uns, wo wir lohnenswerte Antworten finden können. Oft basieren unsere Annahmen auf unvollständigen Infos. Deshalb ist es gut, wenn wir gezielt nachfragen, um unser Denken und unsere Modellbildung zu erweitern. Ich möchte das mal so sagen: Eine offene Frage lässt in unserem Kopf einen Raum entstehen, der mit leeren Gedanken gefüllt werden kann. Sobald wir Antworten finden, füllen wir diesen Raum damit auf. Wir erkennen also nicht zuerst die Fakten, sondern wir stellen uns die Frage [1], die wir beantworten wollen. Gadamer, ein Schüler von Heidegger [2], nennt das den "Hermeneutischen Vorrang der Frage". Für ihn ist die Frage die Grundlage, um eine Antwort zu verstehen und letztendlich Erkenntnisse zu gewinnen.
Eine Frage ist ein Behälter: Ohne eine Frage fehlt demjenigen, der die Antwort bekommt, ein Gefäß, um sie aufnehmen zu können. Stellt dir mal vor, unser Gehirn wäre ein riesiges Hochregallager. Da gibt es ganz viele verschiedene Gefäße, große, kleine, dickbäuchige Karaffen in jeder Form und Farbe. Ich sehe Wissensvermittlung zu einem Themengebiet ohne gegebene Fragen wie das Ausgießen eines riesigen Wasserbehälters, der über leere Regalböden gegossen wird. Es bleibt nichts hängen, weil die Behälter fehlen. Vielleicht kann man sich kurzzeitig die Inhalte merken, aber am Ende des Tages sind die Antworten verdunstet im Alltäglichen. Genauso ist es mit Informationen, die auswendig gelernt werden. Sie sind kein tief verstandenes oder verinnerlichtes Wissen, da ihnen schlicht die zugehörigen Fragen fehlen. Fragen sind sozusagen ein Behälter, um Wissen in sich aufzunehmen. Sie ermöglichen so die Grundvoraussetzung des Wissen-Wollens beim Fragensteller.
Eine Frage ist differenzierend:
Wir Menschen neigen dazu, in gewohnten Mustern zu denken und zu urteilen. Manche Aussagen, die wir über das Leben treffen, sind schon ziemlich "fragwürdig". Eine gut gestellte Frage hilft dabei, herauszufinden, wann ein bestimmtes gewohntes Verhalten nicht auftritt. Diese Ausnahmen machen dann einen Unterschied und zeigen uns tolle Fragestellungen, die für uns als Fragesteller tolle Lösungen offenbaren. Jede Entscheidung, anders zu handeln, ist eine Chance, unseren Autopiloten in Frage zu stellen und so einen Unterschied zu machen [9]. Luhmann sagt dazu: "Entscheidungen sind die Unterschiede, die unser Leben unterschiedlich machen."
a difference which makes a difference [5].
G. Bateson
Eine Frage ist detaillierend: Eine offene Frage erzeugt viele Antwortmöglichkeiten, wodurch detaillierte Erklärungen oder neue Erkenntnisse als Antwort zu entscheiden sind. So wie eine Frage einen Behälter ist, so können Folgefragen zu dieser Frage innerhalb des Behälters wie bei einem Fraktal viele weitere Fragen offenbaren.
Aber Fragen sind nicht nur konstruktive und positive Hilfsmittel. So wie es in Star Wars eine helle und dunkle Seite der Macht gibt, so gibt es diese auch im Erkenntnisprozess. Neben den bereits erwähnten hellen Seiten der Frage, gibt es auch eine dunkle Seite:
Um die Grenzen des Fragens zu argumentieren muss man sie die Grenzen der menschenmöglichen Erkenntnistheorie betrachten. Mindestens zu Unterscheiden ist dabei eine Grenze der Erkenntnis die uns die Logik offenbart, während eine weiter Grenze der Erkenntnis die der Moral ist.
Näher wir uns zuerst den Instrumenten der Logik. In dieser gibt es folgende Verfahren logischer Schlussfolgerungen:
Zusammenfassung:
Die Deduktion beweist, dass etwas sein muss. Die Induktion beweist, dass etwas tatsächlich wirksam ist. Abduktion deutet lediglich daraufhin, dass etwas sein kann [7].
Die Prinzipien der logischen Schlussfolgerungen gelten praktisch für jede Schlussfolgerung einer Antwort auf eine Frage. Jedoch sagen diese in keinster Weise etwas über den Wahrheitsgehalt einer schlussgefolgerten Aussage aus.
Dazu soll uns folgendes Schaubild als Modell der unterschiedlichen Arten der Erkenntnis helfen:
Bei jeder Frage kann man in den zyklischen Prozess der Erkenntnis (Induktion, Theorie, Deduktion, Empirie) eintreten und eine Schlussfolgerung ableiten sowie eine Entscheidung treffen. Doch neben allen logischen Schlüssen sollten wir nicht immer alle Entscheidungen infrage stellen – weder bei uns selbst noch bei anderen Menschen. Neben den argumentativen Grenzen der Logik gibt es auch moralische Grenzen im Umgang mit Fragen: Jeder Mensch hat seine eigenen persönlichen Grenzen, die respektiert werden müssen – sei es bezüglich des eigenen Körpers, Überzeugungen oder Aufmerksamkeitsspanne usw.. In einer sozial-kulturellen Umgebung haben wir kein Recht darauf andere Menschen mit ungewollten Antworten oder Fragen zu überfallen. In einem späteren Artikel betrachten wir genauer wie damit umzugehen ist anhand des Reiz-Reaktion-Modells; jedoch soll an dieser Stelle lediglich auf die dunklen Seiten von Fragen hingewiesen werden sowie auf einen verantwortungsvollen Umgang mit ihnen im eigenen Umfeld.
Weil unterschiedliche Auffassungen mit dem inhaltlich gleichen objektiven Wissen über die Wirklichkeit verträglich sind, kann die Wissenschaft zwischen ihnen grundsätzlich nicht eindeutig entscheiden. Kurz gesagt, die Wissenschaft vermag die metatheoretische Mehrdeutigkeit der Welt nicht aufzuheben.“ [. . . ] ”Aus der ‘metatheoretischen Mehrdeutigkeit der Welt’ folgt, dass es keine Interpretation der ‘Welt als Ganzes’ gibt, die den Anspruch auf alleinige wissenschaftliche Gültigkeit erheben könnte [3].
A. Gierer
Das Stellen von Fragen ist ein entscheidender Faktor für die Entwicklung kritischer Denkfähigkeiten. Durch gezieltes Hinterfragen von Annahmen und Antworten wird das Verständnis für komplexe Sachverhalte gestärkt und der Erkenntnisprozess vorangetrieben. Wer effektive Fragen formuliert, kann tiefergehendes Wissen erlangen und seine eigenen Gedanken besser strukturieren. Dazu ein paar Tipps:
Die Frage spielt eine unverzichtbare Rolle im Erkenntnisprozess, da sie uns ermöglicht, neue Informationen zu gewinnen und unsere Perspektiven zu erweitern. Durch gezieltes Hinterfragen von Annahmen und Vorurteilen können wir innovative Lösungen für Probleme finden. Eine gut gestellte Frage kann uns näher an die Wahrheit heranbringen und unser Verständnis für komplexe Sachverhalte stärken. Es gibt jedoch auch Fragen, die nur subjektiv beantwortet werden können. Das Hinterfragen erleichtert unseren Umgang mit Wissen, indem es uns hilft, kritische Denkfähigkeiten zu entwickeln und tiefergehendes Wissen zu erlangen. Es ist wichtig, offene Fragen zu stellen und Antworten nicht einfach als gegeben hinzunehmen. Eine gute Fragenkultur fördert das Verständnis und ermöglicht einen effektiven Erkenntnisgewinn. So wünsche ich dir viel Abenteuerlust und Freude im erforschen deines Umfeldes mit Fragen.
Herzlichst,
Matthias
Quellen